Zwischen 1896 und 1940/41 fanden in Deutschland etwa 50 Kolonialausstellungen statt. Dabei handelte es sich um sehr unterschiedliche, ja disparate Veranstaltungen, die unter anderem hinsichtlich ihrer Größe, aber auch hinsichtlich der Veranstalter und Organisatoren und ihres Zwecks mitunter stark voneinander abwichen. Grundsätzlich gilt, dass bei Kolonialausstellungen alles präsentiert werden konnte, was in irgendeiner Weise mit Kolonialismus, Kolonien und dem Leben in Übersee zu tun hatte, darunter ethnographische Aspekte wie Völkerschauen oder nachgebaute Urwalddörfer, aber auch Repräsentationen des wirtschaftlichen Kolonialismus wie Kolonialwaren und Geschäftsfelder von in Übersee tätigen deutschen Unternehmen. Meist hatten Kolonialausstellungen regelrechten Messe-Charakter; es versammelten sich einflussreiche Firmen, Organisationen und Personen der „kolonialen Szene“ zum Sehen und Gesehen-Werden. Hinter diese Funktion darf gleichwohl die Hauptaufgabe der massenwirksamen Werbung für den „kolonialen Gedanken“ nicht zurücktreten.
Während bis etwa 1920 meist die ethnographischen Aspekte überwogen und unter anderem Völkerschauen zum zentralen Repertoire der Ausstellungen zählten, zumindest aber eine wichtige Rolle im Veranstaltungsprogramm spielten, entwickelten sich die Kolonialausstellungen seit den 1920er-Jahren (in etwa parallel mit dem Verlust der deutschen Kolonien) zusehends zu reinen Fotoausstellungen, angereichert durch ethnografische Exponate und teils kleinere Modelle beispielsweise von Hütten, Dörfern o.ä. Zugleich nahm der - auch zuvor schon wichtige - Aspekt der Kolonialwirtschaft einen immer breiteren Raum ein.
Oft waren die Kolonialausstellungen keine selbstständigen Veranstaltungen, sondern als Teile anderer Ausstellungen konzipiert – die erste gesamtdeutsche Kolonialausstellung 1896 in Berlin-Treptow gehörte beispielsweise zu einer großen Gewerbeschau, die Ausstellung 1906 in Kassel (s.u.) war Teil der Jubiläums-Ausstellung des örtlichen Gartenbau-Vereins. Auch Jagdausstellungen boten immer wieder einen willkommenen Rahmen für koloniale Schauen, ebenso Feierlichkeiten zu Jubiläen von kolonialen Interessenverbände wie die Deutsche Kolonialgesellschaft. Indem die Schauen meist nicht für sich standen, sondern in größere Kontexte eingebettet waren, dokumentierten sie zugleich, dass auch der Kolonialismus kein Thema einer kleinen Elite sein sollte, sondern ein selbstverständlicher Teil des politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens in Deutschland.
Kolonialausstellungen fanden in fast allen großen Städten des Landes statt, daneben aber auch immer wieder in der Provinz, beispielsweise 1901 in Warnemünde oder 1912 in Plauen. Auch darin mag man eine Absicht erkennen: dass nämlich der Kolonialismus alle Deutschen angehe und nicht nur eine (groß-)städtische Elite. Manche Ausstellungen dauerten ein halbes Jahr, andere waren nach wenigen Tagen beendet; manche erreichten sechsstellige Besucherzahlen, andere wurden nur von wenigen Tausend Menschen wahrgenommen. Wichtigste Veranstalter der Ausstellungen waren zunächst die Deutsche Kolonialgesellschaft und ihre Ortsgruppen, die für ihre Veranstaltungen häufig finanzielle Unterstützung von Mäzenen oder in Übersee tätigen Firmen erhielten. In den 1920er-Jahren oblag die Organisation der Kolonialausstellungen dann dem Ausschuß für deutsche Kolonialpropaganda, in den 1930er-Jahren dem nationalsozialistischen Reichskolonialbund, in dem seit 1933 alle deutschen Kolonialorganisationen (darunter als prominenteste die Deutsche Kolonialgesellschaft) zusammengefasst waren. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten änderte sich freilich auch der Ton der Ausstellungen, und der imperialistische Anspruch wurde aggressiver als zuvor vorgetragen (dazu siehe unten).
Bezüglich der Ziele der Ausstellungen lassen sich mehrere Dimensionen unterscheiden, wobei nicht jede Ausstellung jedes genannte Ziel verfolgen musste. Da wären zunächst die bereits erwähnten propagandistischen und ökonomischen Motive: Die Ausstellungen warben (meist) massenwirksam für koloniales Gedankengut und boten bereits engagierten Firmen eine Plattform der Repräsentation, während sie zugleich das Engagement der noch nicht kolonial engagierten Teile der privaten Wirtschaft in den Kolonien fördern sollten. In der Regel gehörten daher Pavillons und Stände, an denen die Besucher Kolonialwaren testen konnten, zu jeder Kolonialausstellung. Sodann erfüllten die Ausstellungen - zweitens - einen „wissenschaftlichen“ Zweck, indem sie für Ethnografen eine Gelegenheit zur „Feldforschung“ vor der Haustür lieferten. Wissenschaftler konnten, wenn es Völkerschauen bei den Ausstellungen gab, importierte „Exoten“ vermessen und andere Beobachtungen und Studien durchführen, etwa zum vermeintlichen Alltag der „Exoten“. Drittens hatten viele Kolonialausstellungen eine Struktur, die denen von Freizeitparks ähnelte. Sie dienten - zumal im Rahmenprogramm - also der Vergnügung, sei es durch Restaurants, durch künstliche Teiche mit Bootsverleih, durch eine elektrische Rundbahn oder etliche andere Attraktionen. Vereinzelt hatten die Ausstellungen überdies einen vierten Zweck: Sie wurden als Benefizveranstaltungen konzipiert - so die Kolonialausstellung 1901 in Warnemünde, deren Gewinne an einen Lungenheilstättenverein gingen, sowie die Ausstellung 1897 in Kassel, deren Erlös dem „Deutschen Frauenverein für Krankenpflege in den Kolonien“ zugute kam.
Von der Kolonialwarenausstellung Frankfurt 1921 unterschieden sich die im Folgenden beschriebenen Kolonialausstellungen insofern, als sie die genannten Zwecke erfüllten, während die Frankfurter Ausstellung 1921 eine reine Gewerbeschau bzw. ausschließlich eine Warenausstellung war. Man könnte auch sagen: Während die Kolonialwarenausstellung 1921 für sich bzw. nur für die ökonomischen Aspekte des Kolonialismus stand, boten Kolonialausstellungen im hier gemeinten Sinne ein Potpourri kolonialer Aspekte.
Für Hessen sind mindestens acht Kolonialausstellungen verbrieft, davon drei in Kassel (1897, 1906, 1911) zwei in Frankfurt (1907, 1937) und drei in Wiesbaden (1899, 1935, 1941).
Die Ausstellung 1897 in Kassel fand in der Orangerie, dem Schloss am nördlichen Rand der Karlsaue, statt. Sie wurde am 4. Juni eröffnet und dauerte bis zum 13. Juni. Anlass der Ausstellung war die Stiftungsfeier zum zehnjährigen Bestehen der Kasseler Abteilung der Deutschen Kolonialgesellschaft, die auch Ausrichter war. Neben ethnografischen Sammlungen und Exportartikeln waren besonders viele koloniale Rohstoffe sowie deren wirtschaftliche Verarbeitung zu sehen.
Der „Centralpavillon“ der Orangerie beherbergte eine eigens aufgebaute „afrikanische Lanschaft“, die den Rahmen für die Präsentation unterschiedlichster Kolonialwaren bot, darunter Kaffee und Schokolade, Rohtaback und Zigarren, Zucker, Felle, Elefantenzähne und weitere Elfenbeinfabrikate. Außerdem belegte die Ausstellung die beiden größten Flügel des Orangerieschlosses. In einem der beiden Flügel gab es eine ethnografische Ausstellung, die mit fünf großen Privatsammlungen von Kasseler Mitgliedern der Deutschen Kolonialgesellschaft bestückt worden war. Hier dominierten Waffen, landwirtschaftliche Gerätschaften und Industrieerzeugnisse das Bild. Der andere Flügel bot Platz für Modelle „typischer“ afrikanischer Gegenstände und solcher Geräte, die für Afrikareisende und Aussiedler unverzichtbar waren.
Der Erlös der Ausstellung kam laut verschiedenen Berichten der Deutschen Kolonialzeitung in vollem Umfang dem „Deutschen Frauenverein für Krankenpflege in den Kolonien“ zugute. Als Ziel gaben die Veranstalter an, „das Publikum mit der Qualität und dem Konsum [der] Kolonialprodukte vertrauter zu machen und vorhandene Vorurteile möglichst zu beseitigen“.[1]
Unter den auf der Ausstellung vertretenen Firmen waren das Deutsche Kolonialhaus (siehe Kolonialwarenläden), das Deutsch-Ostafrikanische Zucker-Syndikat, die Usambara Kaffeebau-Gesellschaft, die Neu-Guinea-Kompagnie und die Kamerun-Kakao-Gesellschaft sowie etliche weitere Firmen aus ganz Deutschland, davon auffallend viele aus Bremen und Hamburg.
Die Ausstellung 1899 in Wiesbaden fand im Paulinenschlösschen statt, das damals als eine Art Stadthalle in Ergänzung zum Kurhaus genutzt wurde. Sie begann am 14. Oktober und dauerte zwei Wochen. Mit insgesamt 7000 Besuchern, also rund 500 am Tag, war sie eher schwach besucht. Ein besonderer Anlass der Ausstellung ist nicht bekannt. Sehr wohl gab es in Wiesbaden aber viele private Sammler von geografischen und ethnografischen Gegenständen, die Mitglieder der Wiesbadener Abteilung der Deutschen Kolonialgesellschaft waren und vereinzelt auch bei den Frankfurter Ausstellungen als Leihgeber in Erscheinung traten. Organisiert und durchgeführt wurde die Ausstellung von eben jener Wiesbadener Abteilung der Deutschen Kolonialgesellschaft.
Als Besonderheit der Veranstaltung galt, dass neben Produkten und Gegenständen aus den deutschen auch solche aus den „fremdländischen“ Kolonien gezeigt wurden, was der Ausstellung den Charakter einer allgemeinen land- und völkerkundlichen Schau verlieh. Eine Notiz in der Deutschen Kolonialzeitung belegt, dass auch ein junger Togolese anwesend war. Demnach verkaufte er Kolonialwaren an die Besucher; aus der Schilderung seines Auftretens spricht die Sichtweise, es habe sich um eine besondere „Attraktion“ (man könnte fast sagen: um eine Ein-Mann-Völkerschau) gehandelt.[2] Es kam nicht selten vor, dass Afrikaner wie der junge Togolese an den Kolonialausstellungen teilnahmen und als Verkäufer nicht zuletzt für die Echtheit der Produkte zu „bürgen“ schienen.
Zu den vertretenen Firmen gehörte wie zwei Jahre zuvor in Kassel wiederum das Deutsche Kolonialhaus des Berliner Unternehmers Bruno Antelmann, das erst kurz zuvor eine Niederlassung in Wiesbaden eröffnet hatte.
Auch die Ausstellung in Kassel 1906 fand in der Orangerie und der Voraue statt. Sie war vom 24. August bis zum 5. September geöffnet und gehörte zur Jubiläumsausstellung des Gartenbau-Vereins Cassel anlässlich seines 50-jährigen Bestehens. In den „Colonialhäusern“ auf dem Gelände waren vor allem exotische Pflanzen und Hinweise zu Landschaftsbau in den Kolonien zu sehen. Daneben gab es aber auch die obligatorische Ausstellung von vermeintlich „typischen“ Kolonialwaren.
Die Ausstellung 1907 in Frankfurt hatte ihren Anlass in der Feier zum 25-jährigen Bestehen des 1882 in Frankfurt gegründeten Deutscher Kolonialverein, der seit 1887 zusammen mit der Gesellschaft für Deutsche Kolonisation die Deutsche Kolonialgesellschaft bildete.
Tatsächlich handelte es sich um zwei parallele Ausstellungen, die jeweils am 6. Dezember (dem Gründungsdatum des Deutschen Kolonialvereins) eröffnet wurden: Eine Sammlung von Kolonialpflanzen war in den Neuen Gewächshäusern im Palmengarten zu sehen, eine eher kolonialwirtschaftlich orientierte Ausstellung mit Karten und Fotografien fand im Zoologischen Garten statt. Initiiert hatten die Ausstellungen Prof. Adalbert Seitz, der Direktor des Zoologischen Gartens, sowie der Kaiserliche Generalkonsul a. D., F. Q. Müller-Beeck.
Einen besonderen Schwerpunkt der Frankfurter Ausstellungen bildeten überdies Missionsfotos, die zeigen sollten, „in welcher Weise die Begegnungen der Kultur auf die Eingeborenen fremder Länder einwirken“.[3] Vertreten waren hier unter anderem die Baseler, die Leipziger und die Berliner Mission, die Brüdergemeinde Deutsch-Ostafrika sowie die Evangelische Mission Bethel.
Zudem erwarteten die Besucher, wie es bei Kolonialausstellungen die Regel war, Fotos von kolonialen Farmen, Versuchsfeldern, Plantagen und Bergwerksbetrieben und diverse Karten und Pläne. Mit nur einem einzigen Zimmer, das im Zoologischen Garten für die Ausstellung bereitgestellt wurde, gehörte die Ausstellung zu den kleineren ihrer Art. So verzeichnete der Katalog sechs große Karten, 14 Pläne, 16 Aquarelle und 94 großformatige Bilder sowie rund 1000 Ansichtskarten und Fotos - die meisten davon Leihgaben aus Privatbesitz.
Trotz dieses eher bescheidenen Umfangs beteiligten sich auch einige kolonial engagierte Unternehmen an der Ausstellung: Die Philipp Holzmann AG aus Frankfurt ließ sich die Gelegenheit vor ihrer Haustür nicht entgehen und auch das in Wiesbaden engagierte Deutsche Kolonialhaus (Inhaber: Bruno Antelmann) und die Ostafrikanische Eisenbahngesellschaft waren mit eigenen Ständen vor Ort.
Als wichtigster privater Leihgeber der Veranstaltung profilierte sich Carl Max Clemm, ein Mitglied der Deutschen Kolonialgesellschaft aus Bernsbach im Erzgebirge. Etliche Fotos und Postkarten aus anderen Privatsammlungen fanden ebenso ihren Platz wie die neueste koloniale Fach- und Unterhaltungsliteratur.
Die Kolonialausstellung in Kassel 1911 war Teil der 25. Auflage der jährlichen Wanderausstellung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft und wurde als Ausstellung mit dezidiert kolonialwirtschaftlichem Schwerpunkt konzipiert. Die Wanderausstellung lockte zwischen dem 22. und dem 27. Juni knapp 200.000 Besucher in den Forst im Kasseler Stadtteil Bettenhausen. Besonderes Ziel dieser Kolonialausstellung war es, deutsche Landwirte für die Kolonien anzuwerben, die in Übersee tropische Produkte für den deutschen Markt produzieren sollten. In einer Ankündigung in der Deutschen Kolonialzeitung Nr. 21 vom 27. Mai 1911 hieß es dazu:
„Ihre Bedeutung liegt darin, den deutschen Landwirt auf die Aufgaben, die seiner in den Kolonien harren, aufmerksam zu machen, ihn anzuregen, sich als Pflanzer, Viehzüchter, Beamter, Aufseher oder Ansiedler an der Bodennutzung der Kolonien zu beteiligen, sich in den Kolonien neue Gebiete oder Tätigkeit zu erobern und so die ungeheuren Summen, die wir alljährlich für tropische Produkte nach fremden Ländern und Kolonien abführen müssen, für unsere eigenen Kolonien gewinnen zu helfen.“[4]
Zuvor hatte die Wanderausstellung schon in Hamburg Station gemacht, in Kassel präsentierte sie sich nun - so schrieb es die Deutsche Kolonialzeitung in einer Rezension - als „die bedeutendste bisher auf kolonialwirtschaftlichem Gebiete in Deutschland veranstaltete Schaustellung.“[5] Und an anderer Stelle hieß es als Bilanz: „Sie ist das beste Werbemittel für die Bestrebungen der Deutschen Kolonialgesellschaft und wird sicher wesentlich dazu beitragen, den kolonialen Gedanken in weitgehendster Weise zu verbreiten.“[6]
Insgesamt waren auf einem mehr als 60 Hektar großen Gelände (allein die Haupthalle war 56 Meter lang) an 84 Ständen über 2000 Exponate zu sehen.
Eine Abteilung zeigte sämtliche aus den Kolonien importierten Roherzeugnisse und die Arbeit auf den tropischen Plantagen. Eine weitere war der kolonialen Forstwirtschaft gewidmet und präsentierte sämtliche west- und ostafrikanischen Nutzhölzer. Daneben nahm die Demonstration der Verarbeitung der Rohstoffe durch die Industrie breiten Raum ein, namentlich war die Arbeit mit Ölpflanzen, Baumwolle, Kautschuk, Gummi, Kakao, Kaffee, Elfenbein und etlichen anderen Rohstoffen zu sehen. Unter den ebenfalls in einer eigenen Abteilung zusammengefassten wissenschaftlichen Gegenständen rangierte die Sammlung von Präparaten tropischer Tierseuchen in der Gunst der Besucher ganz oben. Des Weiteren bekamen Kolonialliteratur, Maschinen und Geräte der tropischen Landwirtschaft sowie seltene Jagdtrophäen aus Privatbesitz ihre jeweils eigene Abteilung.
Die Reederei Norddeutscher Lloyd stellte Modelle neuester Ozeandampfer aus, das Kolonialwirtschaftliche Komitee empfing die Besucher in einem eigenen Pavillion. Gleiches galt für die Kolonialschule Witzenhausen, die koloniale Nutzpflanzen, völkerkundliche Gegenstände und Lehrmittel sowie zoologische, mineralogische und botanische Sammlungen und etliche Bilder, Pläne und Schriften aus der Schule mitbrachte. Die Direktion des botanischen und pharmakologischen Instituts der Universität Marburg hatte indes Baumwollpflanzungen, Baumwollfrüchte und Kaffeebäumchen nach Kassel geschickt.
In der Abteilung zu Düngestoffen und Futtermitteln waren zwei der auf diesem Gebiet größten Deutschen Firmen vertreten: die Merck'sche Guano- und Phosphatgesellschaft und die Deutsche Phosphat-Aktiengesellschaft Bremen. Hier wie in allen anderen Teilen der Ausstellung kamen unzählige weitere Firmen aus ganz Deutschland hinzu.
Die Ausstellung der Rohstoffe war nach Kolonien geordnet. Aus Deutsch-Ostafrika wurden unter anderem Kaffee, Baumwolle, Mangrovenrinde, Bienenwachs, Kautschuk, Erdnüsse und Elfenbein gezeigt, aus Deutsch-Südwestafrika vor allem Tabak und Zwiebeln. Auch die Südsee war vertreten, ebenso chinesische Erzeugnisse.
Die Wiesbadener Kolonialausstellung 1935 lässt sich indirekt auch im Goldenen Buch der Stadt nachweisen: Paul von Lettow-Vorbeck hatte sich nach einem Vortrag im Rahmen der Ausstellung dort verewigt. Die Veranstaltung dauerte vier Wochen, vom 8. März bis zum 7. April und fand im Nassauischen Landesmuseum statt; Lettow-Vorbeck trug sich am 10. März in das Goldene Buch ein, ebenfalls im März besuchte Adolf Hitler Wiesbaden.
Es handelte sich bei der Schau um die „Große Deutsche Kolonialausstellung“ des nationalsozialistischen Reichskolonialbundes, die erstmals 1933 bei der 39. Jahresausstellung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) gezeigt wurde und anschließend durch etliche Städte in ganz Deutschland tourte. Sie war zuvor schon unter anderem in Chemnitz und Nürnberg gewesen, und gastierte anschließend (im Juni/Juli 1935) in Freiburg i.Br. sowie 1937 auch in Frankfurt. Nach Wiesbaden kamen insgesamt rund 10.000 Besucher.
Die „Große Deutsche Kolonialausstellung“ ist vielfach gedeutet worden als der Beginn einer nationalsozialistischen Kampagne, die die deutsche Bevölkerung auf den „Kolonialgedanken“ einschwören bzw. den Kolonialismus wieder fester im Bewusstsein breiter Bevölkerungsschichten verankern sollte. Besonders betont wurde dabei (gerade vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise ab 1929) das ökonomische Potenzial der früheren deutschen Kolonien. Etwa als Rohstofflieferant seien Kolonien geradezu unverzichtbar, so eine Hauptthese der Ausstellung, müsse sich das Deutsche Reich seine Rohstoffe doch erst seit dem Verlust der Kolonien (wieder) bei ausländischen Lieferanten erkaufen (siehe dazu Bowersox, „Lebensraum“, passim).
Das Wiesbadener Tagblatt berichtete von der Ausstellungseröffnung mit ausdrücklicher Betonung einer kurz zuvor von Reichswirtschaftsminister Hjalmar Schacht getätigten Äußerung: Deutschland werde nie auf seine Kolonien verzichten, hatte der Minister erklärt, was das Wiesbadener Tagblatt im Zusammenhang mit dem Zweck der Ausstellung zu der Formulierung veranlasste: „Afrika ist der Kontinent, dem das Sehnen des deutschen Menschen zustrebt.“[7] In einem der ersten Räume der Ausstellung sahen sich die Besucher demnach mit einer 8,5 Meter großen Afrika-Karte konfrontiert. Überschrift: „Stets daran denken…, stets dafür wirken!“
Organisiert wurde die „Große Deutsche Kolonialausstellung“ mit finanzieller Unterstützung der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes. Zu den ausstellenden Organisationen gehörten der Kolonialkriegerbund, das Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten (Hamburg) sowie das Kolonialwirtschaftliche Komitee, das erneut eine große Ausstellung von Kolonialwaren betreute. Letztere nahm - anders als die meisten anderen Ausstellungsteile - gleich mehrere Räume ein und stand unter dem Motto „Deutscher Kolonialbesitz läßt deutsches Geld in deutschen Händen bleiben.“[8]
Daneben nahm auch der Teil zur Kolonialgeschichte einen prominenten Platz im Programm ein. Schutzverträge und andere kolonialpolitisch interessante Schriftstücke wurden hier gezeigt, außerdem Statistiken und Schaubilder. Ethnografische Gegenstände, darunter Geräte, Schilde, Speere und Trommeln afrikanischer Stämme füllten ebenfalls einen Ausstellungsraum. In einem Ehrenbuch waren zudem die Namen all derjenigen Deutschen vermerkt, die bei Kolonialkriegen bzw. militärischen Eingriffen in den Kolonien ums Leben gekommen waren.
Die „Kameruner Pflanzer“ hatten eine Sonderschau vorbereitet, ebenso das Wiesbadener Naturhistorische Museum, das afrikanische Tiere zeigte. In dem Raum, der dem Verkehr in den Kolonien gewidmet war, gab es Modelle von Schiffen und eine Lokomotive der Otavibahn (s. Otavi-Minen-AG) aus dem vormaligen Deutsch-Südwestafrika. Erneut nutzte auch die Kolonialschule Witzenhausen die Gelegenheit, auf ihre Arbeit aufmerksam zu machen, außerdem waren die Bitterfelder Umschulungswerkstätten vor Ort.
Das Reichsgesundheitsamt informierte zum Thema „Die Schlafkrankheit in den Kolonien“, der Wiesbadener Briefmarkenverein empfing die Besucher mit einer Sonderschau deutscher Kolonialbriefmarken und einer Kolonialgeld-Sammlung. Im letzten Raum der Ausstellung fanden die beiden kolonialen Frauenverbände ihren Platz: der Frauenbund der Deutschen Kolonialgesellschaft und der Frauenverein Rotes Kreuz für Deutsche über See.
1937 gastierte zudem die Wanderausstellung des Reichskolonialbundes in der Metropole am Main.
Laut einem Bericht im Nassauischen Volksblatt wurde am 22. Februar 1941 in Wiesbaden eine Kolonialausstellung eröffnet.[9] Schauplatz war - wie 42 Jahre zuvor - das Paulinenschlösschen, Veranstalter - wie 1935 - der Reichskolonialbund. Insgesamt hatte die Ausstellung vier Abteilungen, die in dem Bericht nicht näher beschrieben werden.
Ohnehin lässt diese Quelle erkennen, wie stark die ursprünglichen Gedanken der Kolonialausstellungen mittlerweile von der nationalsozialistischen Propaganda überformt waren. Der Text ergeht sich in einer Lobpreisung der Ausstellung sowie Adolf Hitlers, dem allein es zu verdanken sei, dass der koloniale Gedanke im deutschen Volk wieder Fuß gefasst habe. Die Stoßrichtung dieser Lesart machte schon die Überschrift des Artikels deutlich: „Was man uns einst raubte, wird bald wieder unser sein“[10] . Tatsächlich war spätestens mit dem Angriff auf die Sowjetunion das Schicksal des deutschen Kolonialrevisionismus besiegelt, da nun der vermeintlich fehlende „Lebensraum“ der Deutschen im europäischen Osten gesucht wurde.
Zum Ziel der Ausstellung heißt es in dem Bericht weiter: „Die Ausstellung dient nicht allein der Befriedigung berechtigter Schaulust auf fremde, nicht alltägliche Dinge, sie gibt einen recht ausgesprägten Querschnitt über die große Bedeutung kolonialen Besitzes für ein Kulturland.“[11]
Unter den Ausstellern waren viele kolonial engagierte Firmen, wobei „kolonial engagiert“ diesmal bedeutete: Firmen, die einen großen Teil ihrer Produkte nach Afrika exportierten und solche, die auf afrikanische Rohstoffe angewiesen waren. Ein Film der Wiesbadener Stadtbildstelle befasste sich mit der „Kulturarbeit“ der Deutschen in Kamerun.
Berichte zu den ersten fünf der acht hier aufgeführten „hessischen“ Kolonialausstellungen finden sich in folgenden Ausgaben der Deutschen Kolonialzeitung: