Die Ethnologie etablierte sich erst im 19. Jahrhundert als eigenständige wissenschaftliche Disziplin. Den ersten Lehrstuhl für Völkerkunde erhielt Adolf Bastian im Jahr 1869. Bastian war, ebenso wie später Leo Frobenius, darum bemüht, die Ethnologie als eigenständige wissenschaftliche Disziplin zu etablieren. Dabei war es nötig, sich von anderen Disziplinen wie der Geographie oder der Geschichtswissenschaft abzugrenzen. In Abgrenzung zu letzterer sah man den Forschungsgegenstand der Ethnologie in allen Völkern, deren Kultur über kein schriftliches Quellenmaterial verfügt - mit anderen Worten: primär in der außereuropäischen (kolonialen) Welt. Zudem wollte man sich an einer naturwissenschaftlich-induktiven Methode orientieren. Ein weiteres Differenzkriterium bestand in der Maxime des „wahrhaft dort gewesen seins“. Ethnologen sollten die Völker also „vor Ort“ erforschen.[8]
Reisberichte, die im 19. Jahrhundert entstanden, sind aber keineswegs alle der Ethnologie zuzuschreiben. Auch andere Disziplinen wie die Geographie, Medizin oder Zoologie unternahmen Forschungsreisen. Hinzu kommen noch Expeditionen, die weniger von wissenschaftlichem Pathos, als vielmehr von Abenteuerlust oder Karrierehoffnungen motiviert waren.[9] Der Kulturanthropologe Johannes Fabian hält eine Unterscheidung zwischen ethnologischen und populären Reiseberichten sogar für unnötig, weil auch vermeintlich wissenschaftliche Reiseberichte die angestrebte wissenschaftliche Objektivität nie einlösen konnten.[10] Demgegenüber hält der Historiker Matthias Fiedler eine Unterscheidung für unerlässlich, weil nur so die Entstehung der Ethnologie als eigenständige Disziplin herausgearbeitet werden könne. Zudem vertritt er die These, dass Afrikareisende durch die Popularisierung des Afrikadiskurses „maßgeblich zu der in den 1870er Jahren einsetzenden Kolonialbegeisterung beigetragen„ haben.[11]
Afrikareisenden aus dem Raum Hessen: