Panel 1.4 | Digitalität ./. Recht - Redundanzen und Friktionen digitaler Rechtsordnungen

Algorithmen entfernen automatisch rechtlich prekäre Videos; in virtuellen Welten finden Betrugsfälle statt, die nicht zur Klage gebracht werden; digitale Found-Footage-Künstler fordern die Autorschaft ihrer Supercuts ein; open science strapaziert die tradierten Grundlagen wissenschaftlicher Praxis. Solche und ähnliche im Panel diskutierten Fälle verweisen auf ein angespanntes Verhältnis von digitalen Medien und traditionellen Rechtsordnungen. Dieses ist möglicherweise auf eine Gemeinsamkeit zurückzuführen: Sowohl digitale Medien als auch das Recht sind »symbolische Maschinen«. Diese Strukturanalogie führt zu Redundanzen, die den Status des Rechts in Frage stellen. Schlüsselkategorien des Rechts wie Körperlichkeit und Räumlichkeit werden durch den Computer in Frage gestellt; Verfahren der Authentifizierung und Rechtevergabe wiederum sind als Strukturen internalisiert und treten somit in Konkurrenz zu juristischen Ordnungspraktiken (vgl. Vismann/Krajewski 2007).
Dieser Zusammenhang wird in der gegenwärtigen Medienkonstellation sichtbar, in der sich skripturales Recht und digitale Medien gegenüberstehen. Wie die »alten« Medien das Recht mitgeschrieben und sich damit in es eingeschrieben haben, zeigt sich zuallererst an den Stellen, an denen sich Inkongruenzen zwischen Rechtsordnungen und Medienlogiken auftun. Gleichzeitig bietet diese Konstellation aber eben auch die nötige Kontrastfolie, um über grundsätzlich gültige Logiken des Rechts nachzudenken.
Das Panel möchte diesen Zusammenhang schlaglichtartig an ausgesuchten Schauplätzen der Konfrontation digitaler Medientechnologien und -praktiken mit einem skripturalen Recht durchspielen. Nach einer historisch-theoretischen Eröffnung, die für die folgenden Vorträge die Grundierung legen wird, geht das Panel anhand einzelner Fallbeispiele digitaler Mediennutzung Fragen der Täter-und Klägerschaft, der territorialen Durchsetzbarkeit von Recht sowie dem für das Recht konstitutiven Verhältnis von Regel und Einzelfall nach.

Timo Kaerlein (Paderborn)
Verteilte agency in digitalen Medien. Let's play-Videos und das Urheberrecht

Christian Köhler (Paderborn)
»Harden the Fuck up!« Virtuelle Welten und die Durchsetzbarkeit des Rechts

Monique Miggelbrink (Paderborn)
Einzelfall in Serie: Supercuts