Hochschule für Bildende Künste Braunschweig
Während sich bei der filmischen Darstellung von Giftmorden ein fast schon obsessives Interesse an der Inszenierung der Gerichtsverhandlung feststellen lässt, so gibt es eine Gruppe von Filmen, bei denen die Aburteilung durch das Gesetz ausbleibt oder nur eine kurze Andeutung erfährt. Gleichzeitig lassen sich in diesen Filmen Rechtfertigungsdiskurse für das Verbrechen finden; das bekannteste Beispiel ist sicher Arsenic and Old Lace (USA 1944), in dem zwei exzentrische ältere Damen aus Mildtätigkeit ältere Männer vergiften. Dieser Film stellt jedoch eine Ausnahme dar, denn die Zahl der Beispiele, in denen es ein männlicher Giftmörder ist, der nicht dem gesetzlichen Räsonnement unterworfen wird, überwiegt bei weitem. In diesen Filmen wird vielmehr ein imaginärer Raum parallel zum Gesetz entworfen, in dem der Giftmord eine Rechtfertigung findet. Oberflächlich/äußerlich wird zwar sichergestellt, dass der Giftmörder dem Arm des Gesetzes nicht entkommt, aber zentral ist der Entwurf einer eigenen Gesetzlichkeit, in der dem Opfer die Verantwortung für das Verbrechen zugewiesen wird. Das Gift wird dabei zum Medium einer alternativen Rechtsordnung. Diese Struktur soll anhand von Filmbeispielen analysiert werden, wobei A Blueprint for Murder (USA 1953) den Schwerpunkt bildet, ein Film, in dem die Vergiftung zusätzlich eine gesetzliche Legitimation findet, da sie dem Zweck der kriminalistischen Mordaufklärung dient.
Heike Klippel, Professorin für Filmwissenschaft an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig. Mitherausgeberin von Frauen und Film. Veröffentlichungen zu Themen feministischer Filmtheorie, Gedächtnis, Zeit, Film und Alltag, u.a. »The Art of Programming« – Film, Programm und Kontext (Hg., Münster: Lit 2008); Zeit ohne Ende. Essays über Zeit, Frauen und Kino (Frankfurt a.M.: Stroemfeld 2009). Forschungsprojekt »Das Giftmotiv im Film.«