Ricky Wichum

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Das Gesetz und die medientechnische Vermessung des Körpers

Der Vortrag diskutiert, eng geführt am Beispiel gegenwärtiger biometrischer Gesichtserkennungssysteme, das Verhältnis von Kontrolle, Medientechnik und Recht. Die These des Vortrags wird lauten, dass solche biometrischen Systeme einen fragmentierten und digital vernetzten Körper produzieren, der als Medium zwischen Recht und aktuellen Medientechniken positioniert ist. In dieser biometrischen Mediatisierung des Körpers geht es nicht nur um die Regierung mobiler Körper, sondern ebenso – und möglicherweise vor allem – um die Frage der Regierbarkeit in digital vernetzten Umwelten überhaupt.
Einerseits schreibt sich das Recht in die biometrische Technik ein. So ordnen Gesetze und Verordnungen die biometrische Registrierung des Gesichts oder des Fingerabdrucks an und stellen auf diese Weise die Lesbarkeit aller Körper sicher. Die Souveränität erhält somit über den Körper des Einzelnen zugleich einen Zugriff auf die Bevölkerung und eine Grundlage zur Formulierung präventiver Interventionskalküle. Andererseits hat die Technisierung gesellschaftlicher Prozesse auch eine Reaktion des Rechts aufgerufen. Die zentrale Innovation auf dem Gebiet des Rechts stellt dabei das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Dieses Recht »verleiht dem Einzelnen die Befugnis, grundsätzlich selbst zu bestimmen, wann und in welchem Umfang er persönliche Lebenssachverhalte preisgeben möchte.« Wie im Vortrag zu zeigen sein wird, konfiguriert das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dabei nicht nur die Machtökonomie biometrischer Identifikationssysteme. Vor allem leitet sich aus dem Recht eine Schutzpflicht des Staats gegenüber seinen Bürgern vor dessen digitalen Umwelten ab, in denen Konsum und Kontrolle ununterscheidbar ineinander fallen. Mit der Folge, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung selbst zu einem schützenswerten Gut wird – und Biometrie einen medientechnischen Mechanismus etabliert, mit dem sich die Souveränität auf dem Feld des Digitalen reartikuliert.

Vita

Ricky Wichum schreibt eine Dissertation zum Thema Biometrie am Institut für Soziologie in Freiburg. Zur Zeit ist er Junior-Fellow der DFG-Kollegforschergruppe »Medienkulturen der Computersimulation« in Lüneburg. Jüngste Publikation: »Security as Dispositif: Michel Foucault in the Field of Security« in: Foucault Studies, No. 15, pp. 164-171, February 2013.