Leuphana Universität Lüneburg
»Es ist möglich, Raum abzugrenzen. Seinem Wesen nach ist er grenzenlos und unfaßbar. Er erlischt im Dunkel, und er kann sich im Unendlichen verflüchtigen. Es braucht Media, um ihn sichtbar zu machen: Er muß abgegrenzt und geformt werden.«
Sigfried Giedion, Mitbegründer des »Congrès Internationaux d'Architecture Moderne« (CIAM) ohne selbst Architekt gewesen zu sein, steter Verfechter einer Universalwissenschaft, stellt die vorangegangenen Sätze an das Ende seiner Materialsammlung Ewige Gegenwart. Ein Beitrag zu Konstanz und Wechsel.
Der Vortrag soll mediale Wechselwirkungen von Sozietät, Kulturpolitik, Ästhetik, Organik und Raum beleuchten, die mit den Arbeiten Giedions sichtbar werden. Als Protagonist der Moderne verwickelt Giedion den Wohnraum in einen exemplarisch medienwissenschaftlichen Diskurs, der das Verhältnis von Mensch und Technik, von Natur und Körper synthetisiert. Das 1929 erschienene Büchlein Befreites Wohnen ist ein Manifest für das Recht auf Leben (»Licht und Luft«) im privaten Domizil. Es unternimmt den Versuch einer Neuordnung der demokratischen Möglichkeiten des Wohnens, welche im direkten Zusammenhang mit einem Lebens- und Körpergefühl stehen, die jedem Menschen – vollkommen organisch – innewohnen. Giedion erstellt ein filigranes Gedankengerüst und entwickelt damit Ansätze, die heute als genuin medienwissenschaftlich bezeichnet würden. Damit gibt er dem Innen und Außen eine theoretische Grundlage. Es entsteht einerseits eine Theorie der Vereinigung von technischen Verfahren und Humanität und andererseits eine Theorie des Rechts auf »Wohn«- Raum, welches in aktuellen Debatten vor allem von ökonomischen Aspekten dominiert wird.
Doktorandin in der DFG-Kollegforschergruppe »Medienkulturen der Computersimulation« an der Leuphana Universität Lüneburg. Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft und der Philosophie an der Universität Wien. Promoviert zum Thema: »Zufallsgeneratoren«