Marc-Robin Wendt

Technische Universität Berlin / innoCampus

Echt oder Unecht? - Strategien des Beglaubigens von Dokumenten

Ob mittelalterliche Urkunde oder De-Mail, wann immer Dokumente im Wortsinne als Dokumentationen von Kommunikation oder Rechtsgeschäft benutzt werden, müssen diese Dokumente mit Sicherungsmerkmalen ausgestattet werden, die das Wissen um Urheberschaft, Originalität und Echtheit durch Zeit und Raum transportieren.
Während sich die Medien und die Inhalte der Dokumente im Laufe der Geschichte vielfältig entwickelten, blieben die zugrunde liegenden Strategien der Beglaubigung unverändert. Diese Strategien zielen darauf ab, die Zeugenschaft, bei der letztlich der Mensch als Speichermedium Inhalte und Rechtsgeschäfte bezeugte, auf Sachmittel zu übertragen. Die Nachteile eines Zeugen, wie Vergesslichkeit, unbestimmte Verfügbarkeit, Intentionalität, machen ihn zu einem wenig geeigneten Speichermedium. Insbesondere wenn Inhalte über große zeitliche und/oder räumliche Distanzen dokumentiert werden müssen, entwickeln sich Beglaubigungsmittel als materialisierte »Zeugen« die als Medium im Medium fungieren.
Während Beglaubigungsmittel unabhängig vom Inhalt eines Dokuments sind, werden Inhalte ohne Beglaubigung unwirksam, der Kommunikationskanal wird entwertet. Die Beglaubigungsmittel richten sich aber nach der Beschaffenheit der Medien, wiewohl die Strategien der Beglaubigung medienunabhängig bleiben. Dies kann im direkten Vergleich moderner elektronischer Kommunikation mit mittelalterlichen Medien nachvollzogen werden. Petschaften, Briefmarken, Gesundheitskarte, Kerbholz, Chirograph, Siegel, Unterschrift, PGP - in unserem Zeitalter der identischen Kopie wird um Originalität gerungen - die Praktiken dahinter sind so alt wie die menschliche Gesellschaft.

Vita

1971
geb. in Berlin,

1987 -
freiberuflicher und angestellter Programmierer, Webentwickler, Netzwerkadministrator,

1994-2005
Studium der Mathematik, Musikwissenschaft und Geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin,

1997-1998
Studium der Mathematik an der Université Pierre et Marie Curie in Paris,

2007-
wiss. Mitarbeiter am Inst. für Mathematik der TU Berlin, innoCampus,

2009-
Promotionsvorhaben betreut von Prof. Kassung, HU Berlin zum Arbeitsthema: »Wie werden aus Radiokarbondaten historische Fakten. Eine Diskursanalyse der Radiokarbonmethode an der Schnittstelle zur Archäologie«