Christian Schönholz

Philipps-Universität Marburg

Recordable, Portable, Digital. Zum kulturellen Spannungsverhältnis von Kopie und Original am Beispiel der MiniDisc

Die Markteinführung der MiniDisc 1991 sorgte damals für Furore: endlich stand dem privaten Nutzer ein digitales Musikmedium zur Verfügung, das er selbst bespielen und vielseitig bearbeiten konnte. Anhand der MD lassen sich auf einer technikhistorischen Ebene zentrale Aspekte im Verhältnis zwischen digitalen Medien und ihrer rechtlichen Dimension behandeln, vor allem deshalb, weil sie in den 1990er Jahren noch nicht mit dem PC geschweige denn dem Internet verbunden war. 
Erstaunlich ist, dass bereits in diesem frühen mechanischen Medium ein digitaler Kopierschutz von Beginn an eingebaut war: einmal über einen Digitaleingang kopierte CDs konnten nicht erneut von einem anderen MD-Recorder digital kopiert werden. Warum diese Barriere eingebaut wurde ist aus heutiger Sicht zunächst schwer nachvollziehbar, denn MDs eigneten sich niemals zur massenhaften Verbreitung von Musikstücken. Erklärbar ist dieser frühe Schutz vor zu vielen »Raubkopien« nur mit dem Versuch seitens der Urheber und Verwerter, dem Nutzer zwar auf der einen Seite die unbegrenzte Kopie und eigene Bearbeitungen derselben schmackhaft zu machen, sie aber gleichzeitig künstlich wieder einzuschränken.
Die im Beitrag verfolgte These lautet: Die heutigen rechtlichen Diskussionen um Kopierschutzmaßnahmen, Verbreitung und Bearbeitung digitaler Inhalte basieren nicht allein darauf, dass Medien auf dem PC nicht mehr auf materielle Trägermedien angewiesen und ihre Verbreitung zeitlich und räumlich unbegrenzt und schwer kontrollierbar sind. Vielmehr scheint die kulturell bedingte Unterscheidung zwischen Original und Kopie so wirkmächtig zu sein, dass sie sogar in das World Wide Web mit »umgezogen« ist. 


Vita

Dr. Christian Schönholz, geb. 1982 in Brandenburg a.d. Havel. Studium der Fächer Europäische Ethnologie/Kulturwissenschaft, Kunstgeschichte und Soziologie an der Philipps-Universität Marburg. 
Magisterexamen im Mai 2009, Lehrassistent von 2009 bis 2011, seit Februar 2012 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Europäische Ethnologie/Kulturwissenschaft der Philipps-Universität Marburg. 
Promotion im Dezember 2012 zum Thema »Rudolf Virchow und die Wissenschaften vom Menschen. Wissensgenerierung und Anthropologie im 19. Jahrhundert.«