Nadine Klass

Universität Siegen, Lehrstuhl für Bürgerl. Recht

Fan Fiction: Normative Implikationen eines aktuellen Medienphänomens

Fan-Fiction (FF), lange Zeit eine Außenseiter-Kunstform, ist in wenigen Jahren zu einem Medienphänomen geworden. Da FF-Werke auf fremden Werken aufbauen oder reale Personen (Real Person Fiction) zum Vorbild nehmen, stellt sich eine Vielzahl rechtlicher Fragen. So ist zu klären, ob und inwiefern die Fanobjekte bzw. ihre Elemente, wie Beziehungsgeflechte, Schauplätze oder Charaktere, überhaupt urheberrechtlichen Schutz erfahren können. Bejaht man einen solchen, muss die Frage beantwortet werden, unter welchen Voraussetzungen das FF-Schaffen zulässig ist.

Untersucht man FF-Plattformen, zeigt sich, dass im Kreieren von FF-Werken ein erhebliches Verletzungspotential besteht, denn FF-Werke halten in der Regel nicht den von Gerichten geforderten »Abstand zu den entlehnten eigenpersönlichen Zügen des älteren Werkes« ein. Vielmehr ist dessen individueller Charakter fast immer erkennbar, weshalb typischerweise in das Bearbeitungsrecht des Urhebers eingegriffen wird. Urheberrechtlich unproblematisch ist das Werkschaffen daher nur dann, wenn es auf der Basis gemeinfreier Werke erfolgt oder der Fan nur insofern an das Originalwerk anknüpft, als dieses selbst auf gemeinfreien Elementen beruht. Weniger problematisch erscheint das fiktionale Werkschaffen, welches reale Personen zum Vorbild nimmt. Dies bedeutet, dass zumindest FF auf der Basis urheberrechtlich geschützter Werke tendenziell Urheberrechte der Originalschöpfer verletzt.

Aus rechtspolitischer Sicht ist daher zu untersuchen, ob eine andere Regelung nicht angemessener wäre. Zum einen zeigt eine Interessenanalyse, dass FF durchaus eine Quelle für Innovation ist, dass es i.d.R. keine Profite erzeugt, die zugleich Verluste für den Rechtsinhaber implizieren, und dass FF-Werke keinesfalls ein Substitut für das Originalwerk darstellen. Zum anderen ist zu bedenken, dass ein Schutz, der über das erforderliche Maß hinausgeht, auf Dauer nicht akzeptiert wird und zu einem weiteren Akzeptanzverlust des Urheberrechts führen wird.

Vita

Nadine Klass ist seit 2009 Universitätsprofessorin für Bürgerliches Recht und Wirtschaftsrecht, insbesondere Immaterialgüterrecht sowie Medienrecht an der Universität Siegen. Zuvor war sie mehrere Jahre als Referentin für Urheberrecht am Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb in München sowie als Assistentin und Lehrbeauftragte an der LMU München tätig. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich des Medienrechts, insbesondere des Persönlichkeitsrechtsschutzes und des Schutzes der Menschenwürde im Rundfunk, sowie im Urheberecht.