Samuel Sieber

Institute for Cultural Studies in the Arts, ZHdK

Netz und Netzwerk. Überlegungen zur Gouvernemedialität der Gegenwart

Netze und ihre Vernetzung befinden sich in einer Krise – als Denkbild digitaler Medien, vor allem aber als Figuren sozialer, partizipativer oder gar politischer Kommunikation und Kooperation. Spätestens die Skandalisierung der Überwachungs- und Verdatungspraktiken staatlicher Geheimdienste weltweit hat die einst hoffungsvoll als rhizomatisch oder demokratisch imaginierten Mediennetze als Netzwerke entlarvt, näherhin als machtvolle, kontrollierte und also regierbarere Mediendispositive. Doch die politische Dimension medialer Netze verliert sich nicht in den »polizeilichen« Taktiken und Diskursfiguren einer jüngeren, d.h. stark neoliberalistisch konnotierten Gouvernemedialität: Die beschleunigte Flexibilisierung und Mobilisierung digitaler Kommunikation – etwa im Namen einer vermeintlichen Individualisierung der Mediennutzung – bedeutet nicht bloss die gleichzeitige Verfeinerung und Verbreitung gouvernementaler Steuerungs- und Kontrollmechanismen, sondern verweist vielmehr auch auf deren beständiges Scheitern. Denn gerade in den digitalen Netzen zeichnen sich beständig Widerstände, Fluchtlinien und selbsttechnologische Potentiale ab, die den übercodierenden und reterritorialisierenden Diskursfiguren des Netzwerks und seiner Regierung wie Überwachung vorausgehen. Eine »Entwerkung« der (digitalen) Netzwerke – ähnlich der Dekonstruktion der Gemeinschaft im Sinne Jean Luc Nancys – scheint deshalb angezeigt.

Vita

Samuel Sieber, DR. phil. des., ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institute for Cultural Studies in the Arts der Zürcher Hochschule der Künste. Studium der Medienwissenschaft, Geschichte und Kommunikationswissenschaft in Fribourg und Basel 2003-2009. Wissenschaftlicher Assistent am Seminar für Medienwissenschaft der Universität Basel 2010-2013. Promotion Ende 2013 mit der Arbeit »Dis-Positionen. Epistemologische Schnittstellen zwischen Politik und Medien«.