Nanna Heidenreich

HBK Braunschweig

Recht auf Rechte. Refugee-Proteste, Repräsentation und die Grenzen Europas

In ihrer Analyse der Elemente und Ursprünge totalitärer Herrschaft macht Hannah Arendt deutlich, dass das Recht, Rechte zu haben, kein universelles, sondern an Staatsangehörigkeit gebunden ist. Aktualisiert könnte man sagen: ohne Papiere keine Rechte. Jedoch unterlaufen die Refugee-Proteste überall in Europa diese Gleichung, indem sie in die Öffentlichkeit treten und Rechte für die sans papier sichtbar und hörbar einfordern. Als Neuformation politischer Subjektivität und Kämpfe diskutiert (u.a. Etienne Balibar, Ilker Atac), sind die Proteste Ausdruck der grundlegenden Transformationen durch Transnationalisierung. Die Bewegungen der Migration fordern Repräsentation heraus, in Sinne vonVertretung, Darstellung und von Vorstellung. Politische Vertretung versagt im Rahmen repräsentativer Demokratie bislang; auch die Verschaltung von Sichtbarkeit und Emanzipation, also Rechten, scheint zu kurz zu greifen. Vielmehr gilt es angesichts der Proteste, aber auch der immer lückenloser werdenden Überwachung der EU-Grenzen, die eine Vielzahl von Daten und Bildern produzieren und in Echtzeit übertragen, über die neuen Formen der Sichtbarkeit wie auch der Bildlichkeit nachzudenken. Welche Funktion kommt dem Bild zu, als Medium der Kontrolle (Eurosur), als Medium des technological empowerments durch NGOs (Watch the Med) oder als Medium der Aufzeichnung der Mittelmeerpassage selbst (Harraga-Clips auf youtube). Welchen Status haben die so produzierten Bilder und was lässt sich an ihnen über die Verschiebungen des Verhältnisses von Recht und Repräsentation ablesen?
Der Workshop steht in engem Zusammenhang mit dem Panel »Die Grenze als Rechtsmedium«.
Diskutant_innen: Maja Figge, Nanna Heidenreich, Heidrun Wagner. Moderation: Ulrike Bergermann

Vita

Seit 2011 Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fach Medienwissenschaft an der HBK Braunschweig. Ko-Kuratorin der Sektion Forum Expanded bei der Berlinale (www.arsenal-berlin.de). Daneben unabhängige kuratorische Projekte mit Film und Video, v.a. an den Kreuzungspunkten von Politik & Kino / Kunst; weitere Arbeitsschwerpunkte: Migration, Bilderstreite, Kunst & Aktivismus. Ihre Dissertation »V/Erkennungsdienste, das Kino und die Perspektive der Migration« erscheint 2014 bei Transcript in der von Ulrike Bergermann herausgegebenen Reihe post_koloniale Medienwissenschaft.