Thorsten Lorenz

PH Heidelberg

Im Namen von Xerox: Copy! Right! Recht und Bildung im Reich der Kopiermedien

Jedes technische Medium beginnt mit einem Rechtsakt: seiner Patentierung. Jeder Patentantrag referiert auf vorgehende Patentrechte. Für sie wurde wiederum eine der erfolgreichsten Technologien erfunden, die selbst allererst im Patentbüro entstand: der Fotokopierer. Er war in erster Linie eine Rechtsmaschine. Bereits die Firma Haloid, aus der später Xerox hervorging, suchte zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine ausgereifte Methode für das Kopieren juristischer Dokumente. Doch dann wurden ganze Rechts- und Bildungssysteme gleichermaßen durch diesen »Grill« zu explodierenden Verwaltungstechnologien, die jetzt (medien-)rechtlich gebändigt werden mussten und müssen. Es entstand ein kurioser Hexenkessel an Verordnungen, bei denen die Frage, ob das Recht die Medien oder Medien das Recht regieren, ins Taumeln gerät.


1. Original-Rechte
Mit dem Fotokopierer wird die (medien-)rechtliche Frage verschärft, was ein (Original)Dokument im rechtlichen Sinne überhaupt ist. Ist eine beglaubigte Kopie ein Dokument? Ist die beglaubigte Kopie einer Kopie dies auch? Oder gar eine Telekopie? Sind OCR-Verfahren der Faksimile-Kopie ebenbürtig? Es entstehen sonderbare, aber sehr genaue Rechts-Lesarten klassischer philologischer Begriffe und Verfahren.

2. Bildungs-Rechte
Für Bildungsinstitutionen wird ein phantastisches Sonder-(Hoch)Schulrecht (»Schulprivileg«) erfunden, auch für das Kopiermedium namens Videorecorder. Mit ungeheuerlichen Konsequenzen. Und es entsteht eine Kopierwut im Bildungssystem. Nur: Kaum einer hält sich an die neuen Gesetze, aus Lehrern werden Kleinkriminelle.

3. Recht durch Medien
Am Ende wird das Gesetz selbst befragt, ob es bei seiner Vervielfältigung einem Kopiergesetz unterliegt. Unterliegt der Druck von Gesetzen Kopierrechten? Die wundersame Lösung lautet: Das Gesetz ist bereits eine Kopiervorlage. Das Gesetz ist ein Medium.

Dieser Beitrag versteht sich als Ergänzung zur Studie von Cornelia Vismann Akten. Medientechnik und Recht (2000).

Vita

Lorenz, Thorsten, Dr., seit 1996 Professor für Medienbildung an der PH Heidelberg, Leiter des Zentrums für Audiovisuelle Medien (seit 1999) und Co-Leitung des Masterstudiengangs E-Learning & Medienbildung. Schwerpunkte: Medien, Bildung und Wissensgesellschaft;, Medientheorie & Mediengeschichte; Musik und Medien; Bildungsmedien & Journalismus. Bis 1996 Fernsehredakteur, Regisseur, Moderator und Produzent im Bereich Musik, Kultur, Bildung & Wissenschaft und Aktuelles für ARD, ZDF u.a.