Freie Universität Berlin
»It's that every now and again - not often, but occasionally - you get to be a part of justice being done. That really is quite a thrill when that happens.« So beschreibt Andrew Beckett (Tom Hanks) in PHILADELPHIA (USA 1993) seine Motivation als Anwalt – und formuliert damit zugleich die Formel für ein ganzes Genre. Die gemeinsame Dimension sogenannter Courtroom-Dramen wie PHILADELPHIA, A TIME TO KILL (USA 1996; dt. Titel: Die Jury) oder A FEW GOOD MEN (USA 1992; dt. Titel: EINE FRAGE DER EHRE), jenseits aller Plot-Spezifika, besteht darin, den Zuschauer in die Position einer sinnlichen Teilhabe an der zeitlichen Entfaltung von Gerechtigkeit zu versetzen. Am Ende steht nicht nur die Lösung des dramatischen Konflikts, sondern eine sinnliche Erfahrung in der Zeit, über die Motive der Gerechtigkeit mit dem Gefühlserleben des Zuschauers verwoben werden.
Mit dem Begriff der Erfahrung ist zugleich die Perspektive des Vortrags markiert: Über ein filmanalytisches Modell, das phänomenologische Konzepte kinematografischer Erfahrung zum Ausgangspunkt der deskriptiven Rekonstruktion von Zuschauergefühlen macht, soll geschaut werden, wie Courtroom-Dramen Gerechtigkeit als Gefühlserleben vermitteln: Welcher Motive bedienen sich die Filme? Wie verhält sich ihre Gefühlsdimension zu affektiven Modi kinematografischer Erfahrung wie Suspense, Thrill oder Melodrama? Gibt es so etwas wie einen filmischen Sense of Justice als ästhetisches Gefühl?
Jan-Hendrik Bakels (jan.bakels@fu-berlin.de) lehrt am Seminar für Filmwissenschaft der Freien Universität Berlin und ist seit 2009 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungszentrum »Languages of Emotion« (Freie Universität Berlin). Er hat kürzlich seine Dissertation zum Zusammenhang von Filmmusik, audiovisuellen Rhythmen und Zuschauergefühlen abgeschlossen.