Thomas Scheerer

Exzellenzcluster „Languages of Emotion“ FU Berlin

Modulationen des Rechtsempfindens: Die Inszenierungsstrategien von Anti-Video-Piracy-Spots

Vor fast jedem Blockbuster, den wir zu Hause oder im Kino sehen, mahnt die Filmindustrie in einem kurzen Spot davor, Filme nicht illegal zu kopieren. Diese Erinnerungen daran und Einübungen davon, was Unrecht ist, zielen explizit auf die Gefühle des Publikums ab. Denn anders als die nüchternen Textblöcke in juristischer Sprache, setzen diese Spots teils drastische audiovisuelle Inszenierungs- und Affizierungsstrategien ein. Ziel solcher Kampagnen ist es laut Majid Yar (2008), Verstöße gegen das bestehende Urheberrecht als Bruch mit den gemeinschaftlich getragenen Werten der Gesellschaft erfahrbar werden zu lassen, um einer potentiellen Dekriminalisierung vorzubeugen.
Diese kurzen, direkten audiovisuellen Adressierungen des Publikums arbeiten mit einem Repertoire an moralischen Appellen und Affektmustern. Anhand mikroanalytischer Analysen verschiedener Anti-Video-Piracy-Spots wird der Vortrag herausarbeiten, wie audiovisuelle Inszenierungsstrategien potentiell banale Alltagshandlungen – wie das Kopieren eines Films – mit Gefühlen der Angst, Schuld und Scham besetzen. Diese Analysen werden sich im Wesentlichen auf das Modell filmischer Expressivität von Hermann Kappelhoff (2004) und eine Methode zur Analyse von multimodalen Metaphern in audiovisuellen Medien von Hermann Kappelhoff und Cornelia Müller (2011) stützen, um die Affizierung der Zuschauer nachzuzeichnen. Die Frage nach dem Recht auf den Film und dessen unregulierter Zirkulation beantwortet die Filmindustrie in ihren stark affizierenden Anti-Video-Piracy-Spots mit emotionalen Drohszenarien des gesellschaftlichen Ausschlusses.

Vita

Thomas Scherer ist Masterstudent der Filmwissenschaft an der Freien Universität Berlin und war von 2009 bis 2013 studentischer Mitarbeiter im Projekt »Multimodale Metaphorik und Ausdrucksbewegung« von Hermann Kappelhoff und Cornelia Müller am Exzellenzcluster »Languages of Emotion« (Freie Universität Berlin).