Seminar für Filmwissenschaft - FU Berlin
Insbesondere die 1950er Jahre stehen in der DDR-Filmgeschichte für ein Kapitel beispielloser Inanspruchnahme des Films für die Zwecke staatlicher Kulturpolitik.
Nach sowjetischem Vorbild war die Produktion weitgehend den Selektionsmechanismen des Marktes enthoben, unterstand allerdings dem doktrinären »Sozialistischen Realismus«. Doch eben dort, wo der staatliche Zugriff auf den Film nicht nur als Verbotsdrohung wirksam wurde, sondern bis auf die grundsätzliche ästhetische Programmatik durchschlägt, zeigt sich eine sonderbare Ambivalenz: So sehr auch die propagandistische Überformung des Films mit dem dialektischen Materialismus legitimiert wurde, ist gerade sein Vehikel, eben der Sozialistische Realismus, derart unterbestimmt, dass er nicht einzig und allein den Einfluss der Administration sicherte. Im Gegenteil, er verstrickte alle Beteiligten in Auseinandersetzung, die mit der Gegenüberstellung von »Regie und Regime« (Schittly) nicht mehr zu fassen ist. Die Bestimmungen von Heteronomie und Autonomie der Kunst, des Publikums bzw. Volks und des politischen Subjekts verfingen sich in den kulturpolitischen Debatten und Maßnahmen in paradoxen Konstellationen. In diesem Sinne diskutiert der Vortrag, auf welche Art und Weise das Recht des jungen deutschen Staates auf die Filmproduktion zu legitimieren versucht wurde und wie letztendlich Partei, Produktion und Publikum als ein Spannungsfeld begriffen werden müssen, in dem unterschiedliche »Regime der Kunst« (Rancière) angeordnet waren, jedoch im Streit miteinander lagen
Dr. Christian Pischel studierte Theaterwissenschaft, Philosophie und Germanistik in Leipzig und Lausanne. 2006-2008 arbeitete er am Lehrstuhl für Theorie und Geschichte des Theaters an der Udk Berlin. Seit 2009 Mitarbeiter am Seminar für Filmwissenschaft der FU Berlin. 2009 promovierte er über die Affektpoetiken des amerikanischen Großfilms. 2008-2011 Mitarbeiter im Projekt »Affektmobilisierung und mediale Kriegsinszenierung« am Exellenzcluster »Languages of Emotion« (FU Berlin). Arbeitsschwerpunkte: audiovisuelle Formen der Affektmodulation & Medialität sozialer und politischen Fiktionen.