Utrecht University
Als das Verfahren gegen Adolf Eichmann im April 1961 eröffnet wurde, befanden sich 4 Kameras im Jerusalemer Gerichtssaal. Der Zulassung dieser Kameras, mit denen der gesamte Prozess auf Magnetband dokumentiert wurde, gingen lange Verhandlungen voraus, die schließlich zur ersten Fernsehübertragung eines juristischen Prozesses führten. Für das bundesdeutsche Fernsehen war es der NDR, der in 36 Sondersendungen mit dem Titel EINE EPOCHE VOR GERICHT ausführlich über den Prozess berichtete. In diesen Sendungen wurden jedoch nicht nur Szenen aus dem Gerichtssaal eingespielt, der NDR drehte auch zahlreiche eigene Beiträge rund um den Prozess.
Der Vortrag erläutert zunächst kurz die mediale Strukturierung des Gerichtssaals und geht auf die Entscheidung der Richter ein, beim Prozess Kameras zuzulassen, bevor die bundesdeutsche Fernsehberichterstattung näher in den Blick genommen wird. Hierbei gilt es zu zeigen, welche Prozessszenen für das bundesdeutsche Fernsehen von besonderem Interesse waren und wie sich die Berichterstattung nach der Vernehmung der Zeugen und mit Beginn der Befragung von Eichmann verändert hat. Neben den Aufnahmen aus dem Gerichtssaal kommen insbesondere auch die eigene »Ermittlungsarbeit« von EINE EPOCHE VOR GERICHT sowie die juristischen Erläuterungen der Sendung zur Sprache.
Judith Keilbach ist Assistenzprofessorin für Fernsehwissenschaft an der Universität Utrecht. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen die Geschichte und Theorie des Fernsehens sowie das Verhältnis von Historiographie und Medien. Sie ist Autorin von Geschichtsbilder und Zeitzeigen. Zur Darstellung des Nationalsozialismus im bundesdeutschen Fernsehen (2008) und Mitherausgeberin von Grundlagentexte zur Fernsehwissenschaft (2002) und Die Gegenwart der Vergangenheit (2003).